In der Blog-Serie “Wie gestaltet man ein sinnvolles Krafttraining” werde ich euch eine Übersicht geben, wie man ein solides Krafttraining planen bzw. gestalten kann. Im vierten und letzten Teil dieser Reihe geht es um die Trainingsplanung.
Solltest du den ersten Beitrag rund um das Thema Trainingshäufigkeit bzw. den Trainingssplit verpasst haben, kannst du ihn hier nachlesen.
Bitte beachtet dass, das Thema Trainingsgestaltung sehr komplex ist und ich in keiner Weise behaupte die beste Methode entdeckt zu haben. Ich beziehe mich lediglich auf bereits in der Praxis erprobte und in Studien bewiesene Ergebnisse und Erfahrungen. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht auch andere sehr gut funktionierende Methoden und Trainingsvarianten gibt.
Zur individuellen Trainingsplanung bzw. Trainingsorganisation ist allgemein anzumerken das eine Planung für Anfänger und Fortgeschrittene deutlich einfacher zu gestalten ist als für Hochleistungssportler. Hochleistungssportler und professionelle Athleten brauchen eine sehr genaue Planung die sich auf die aktuelle Situation einstellt und die sportspezifischen Anforderungen berücksichtigt. Je nach Sportart erfolgt die Planung in unterschiedlichen Zyklen (Makrozyklus, Mesozyklus, Mikrozyklus). Im folgenden werden wir uns auf die Trainingsplanung für Anfänger & Fortgeschrittene konzentrieren.
Eine gute Trainingsplanung beginnt immer mit Fragen: Was ist das Ziel? Was sind die Rahmenbedingungen? Gibt es körperliche Einschränkungen? …
Es gilt die Zielsetzung und Rahmenbedingungen zu definieren und anhand dieser in die Planung einzusteigen.
Zielsetzung und Rahmenbedingungen
Die Festlegung der Zielsetzung und Rahmenbedingungen ist der erste Schritt. Als Wichtigstes stellt sich hier dein individuelles Ziel dar! Was willst du erreichen?
Um im folgenden immer auch Beispiele angeben zu können, gehen wir von der Zielsetzung Muskelwachstum bzw. Muskeln aufbauen aus. Normalerweise ist dieses Ziel nicht genau genug, da zu unbestimmt. Wie man richtig Ziele definiert, werde ich jedoch in einem weiteren Beitrag behandeln.
Steht dein Trainingsziel fest so sind als nächstes die Rahmenbedingungen und Einschränkungen festzustellen. Hierbei sollte geklärt werden ob es körperliche Einschränkungen gibt (Verletzungen), was die sportliche Vorgeschichte und der aktuelle Leistungsstand ist. Der zeitliche Rahmen sollte ebenfalls festgelegt werden. Beispielsweise wie oft und wann du trainieren kannst?
Liegen körperliche Einschränkungen vor, so müssen die geeigneten Übungen sorgfältig ausgesucht werden. Dies sollte nur von dafür qualifizierten Trainern vorgenommen werden (um weitere Verletzungen der bereits angeschlagenen Strukturen zu vermeiden).
Grundsatz der Progression
Damit du mit einem Trainingsplan Erfolge erzielst muss dieser progressiv Aufgebaut sein. Soll heißen du solltest dich durch den Plan gezielt verbessern. Sei es nun im Bereich Kraft, die Anzahl der möglichen Wiederholungen, Ausdauer oder Technik.
Um diese Verbesserungen zu erreichen muss das Prinzip der Superkompensation beachtet werden.
Es besagt das Training bzw. ein entsprechender Reiz immer erst katabol also abbauend / zerstörend ist. Wenn der Körper nun genug Zeit und Nahrung bekommt setzt die anabole / aufbauende Phase ein. Der Körper erholt sich nun bis zu seinem Ausgangspunkt und etwas darüber hinaus (Superkompensation – siehe Bild). Dies ermöglicht dem Körper bei der nächsten Anstrengung der gleichen Art mehr Leistung abzurufen. Stark vereinfacht gesprochen führt dies bei gezieltem Krafttraining zu einer Verdickung der Muskelzellen, welche somit mehr Kraft aufwenden können. Bei Kraftausdauer Training verbessert sich hier Beispielsweise die Sauerstoffoptimierung und die entsprechend belasteten körperlichen Strukturen.
(Grafik von MaxRep – Die Grafik gilt nur zur Verdeutlichung des Prinzips und gibt nicht akkurat den zeitlichen Verlauf oder die Relation der Effekte an)
Hierbei ist es jedoch wichtig zu verstehen, das Fortschritte nur mit ausreichend Erholung erzielt werden können. Denn, nur wenn der Körper ausreichend Erholung erfährt kann es zu einer Superkompensation / einer Leistungssteigerung kommen. Wie bereits erwähnt ist Training immer katabol, also zerstörend. Deshalb braucht der Körper genug Zeit um sich davon zu erholen und entsprechend die notwendigen Reparaturen vorzunehmen. Erholung wird maßgeblich durch Schlaf, zeitlichem Abstand zur nächsten Belastung, Stress sowie Ernährung beeinflusst. Es ist somit wichtig auf diese Faktoren zu achten.
Die größte Herausforderung bei der Trainingsplangestaltung ist vor allem den optimalen Trainingszeitpunkt zu finden, an denen erneut Reize gesetzt werden. Je höher die Leistungsstufe des Athleten, desto genauer muss ein erneuter Reiz zum richtigen Zeitpunkt gesetzt werden (Deswegen ist die Trainingsplanung für Hochleistungssportler auch so anspruchsvoll und individuell).
Um für die zeitliche Trainingsplanung eine grobe Richtlinie zu erhalten kannst du dir die Regenerationszeiten der Muskelgruppen aus dem Beitrag Wie gestaltet man ein sinnvolles Krafttraining? – Teil 1 – Trainingshäufigkeit / Split“ ansehen.
Allgemeiner Aufbau eines Trainingsplans für Krafttraining
Bevor es an Beispiele geht, gilt es noch den allgemeine Aufbau eines Trainingsplans für ein sinnvolles Krafttraining zu erläutern.
Ein guter Trainingsplan trainiert den Körper ganzheitlich. Soll bedeuten er erzeugt keine Dysbalancen aufgrund von ungleich verteilter Fokussierung auf Muskelgruppen (es sei denn dies ist Ausdrücklich erwünscht). Prinzipiell sollten also alle Muskelgruppen trainiert werden. Große Muskelgruppen sind dabei in der Regel öfter bzw. härter zu trainieren als kleinere Muskelgruppen (siehe auch Wiederholungszahlen in Beitrag Wie gestaltet man ein sinnvolles Krafttraining? – Teil 2 – Gewicht, Satzzahlen und Wiederholungen.
Dabei ist ein Grundsatz der Trainingsplanung:
Komplexe- bzw. Grundübungen vor Isolationsübungen
Die Grundübungen kannst du diesen Beiträgen entnehmen: Grundübungen Teil1 & Grundübungen Teil 2
Muskelgruppen & belastete Strukturen
Bei der Planung gilt es zu überlegen an welchen Trainingstagen welche Muskelgruppen und Strukturen trainiert werden sollen. Hier ist auf die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Muskelgruppen zu achten. Es gibt unterschiedliche Ansätze wie die Aufteilung der zu trainierenden Gruppen gestaltet werden kann. Die häufigsten Varianten sind:
- Ganzkörpertraining
Hier wird bei jedem Training möglichst der gesamte Körper und somit alle Muskelgruppen trainiert. (Vor allem für Anfänger geeignet)
- Drücken & Ziehen und Beine(Push & Pull)
Bei dieser Variante wird nicht nach Muskelgruppen unterschieden, sondern wie die Übung ausgeführt wird. Die Trainingshäufigkeit in der Woche liegt hier in der Regel bei 3 Mal (1 x Push / 1 x Pull / 1 x Beine). Übungen die an einem Push / Drück-Tag ausgeführt werden sind beispielsweise: Schulterdrücken, Kniebeugen, Bankdrücken, Trizepsdrücken etc..
Übungen die an einem Pull / Zieh-Tag ausgeführt werden sind beispielsweise: Kreuzheben, Klimmzüge, Rudern, Bizeps-Curls…
- Ober & Unterkörper (Upper & lower Body)
Bei der Aufteilung des Trainings nach Ober & Unterkörper wird an einem jeweiligen Trainingstag entsprechend der gesamte Oberkörper oder der gesamte Unterkörper trainiert.
- Split nach Körperteilen
Die “typischen” Bodybuilder Splits sehen pro Körperpartie einen oder mehrere Trainingstage vor. In der Regel werden hier 5-6 Trainingstage in der Woche absolviert. Somit wird eine Muskelpartie immer nur einmal in der Woche trainiert. (Bsp: Tag 1: Brust / Tag 2: Beine / Tag 3: Rücken / Tag 4: Schultern / Tag 5: Arme)
- individueller Split
Bei dieser Variante entscheidet der Trainer welche Körperpartien an welchen Tagen zusammen trainiert werden. Diese Variante wird selten genannt, da sie nicht sehr einfach vermittelt werden kann und Wissen und Erfahrung voraussetzt. Der Vorteil dieser Variante ist dass, das Training entsprechend der Anforderungen am sinnvollsten gestaltet werden kann.
Es gibt noch zahlreiche weitere Varianten, hier möchte ich mich jedoch auf die häufigsten beschränken. Jede der genannten Varianten hat seine Vor- und Nachteile. Meiner Meinung nach ist die gewählte Variante nicht ausschlaggebend sondern viel eher, dass die Übungen, Trainingsreihenfolge, Ruhepausen und Intensität sinnvoll gestaltet sind.
Ein weiterer Faktor bei der Trainingsplangestaltung ist die Satzgestaltung. Hier gibt es wieder mehrere Möglichkeiten. Die klassische Variante sieht vor, alle Sätze einer Übung nacheinander mit einer entsprechenden Pause auszuführen. Alternativ stehen unterschiedliche Gestaltungsarten zur Verfügung. Einige davon sind:
- Pyramiden
Hier wird das Gewicht, oder die Wiederholungsanzahl gesteigert. Die Anzahl der möglichen Wiederholungen wird dabei pro Satz immer weniger.
- Zirkeltraining
Unterschiedliche Übungen werden direkt hintereinander abgewechselt. Das ganze wird mehrere Runden wiederholt.
- Supersatz-Training
Hier werden Übungen direkt hintereinander ausgeführt die unterschiedliche Muskelgruppen trainieren.
- Leitertraining usw..
Das Thema Satzgestaltung werde ich in einem weiteren Beitrag im Detail behandeln. Für die Plangestaltung in diesem Beitrag gehen wir von der klassischen Variante aus: ein Übungssatz nach dem anderen mit entsprechender Satzpause.
Regenerationszeiten / Erholung
Bevor es an konkrete Beispiele geht sollte noch das Thema Regenerationszeiten und Erholung angesprochen werden. Wie bereits erwähnt ist Training katabol. Damit sich der Körper davon erholen kann sind ausreichende Pausen und Erholung notwendig. Deshalb ist bei der Trainingsplanung zu berücksichtigen welche Strukturen und Muskelgruppen wie stark belastet werden und wie lange die entsprechenden Regenerationszeiten sind. Dabei sollten nicht nur die Muskeln betrachtet werden sondern es sollte auch darauf geachtet werden, dass Gelenke usw. nicht durch eine zu fordernde Planung überbeansprucht werden. Dieser Teil wurde vor allem im Beitrag Wie gestaltet man ein sinnvolles Krafttraining? – Teil 1 – Trainingshäufigkeit / Split“ behandelt.
Ganzkörper Trainingsplan
Wie könnte nun eine grobe Trainingsplanung mit Ziel Muskelaufbau aussehen?
Vorgaben: Trainierende hat 2 x mal die Woche Zeit und möchte Muskelaufbau betreiben.
Bei 2 x mal in der Woche würde sich entweder ein Split nach Ober- und Unterkörper anbieten oder zwei Ganzkörpertrainings pro Woche. In diesem Beispiel zeige ich euch einen Ganzkörpertrainingsplan. Somit werden alle Muskelgruppen 2 mal trainiert und es wird eine gewisse Grundlage bzw. Grundfitness geschaffen. Dabei sollten hauptsächlich die Grundübungen im Vordergrund stehen. Isolationsübungen würde ich an dieser Stelle fast komplett vermeiden. Es sei denn es gibt bestimmte Schwachstellen die zu korrigieren sind.
Ich würde die Trainingstage beispielsweise auf Mo & Fr legen, damit genügend Zeit zur Regeneration besteht.
Ein Trainingstag könnte wie folgt aufgebaut sein:
10 Sätze Beine
Bsp: Kniebeugen, Ausfallschritte, Wadenheben
10 Sätze Rücken
Bsp: Klimmzüge, Rudern, reversed Butterfly
3 Sätze Schultern
Bsp. Schulterdrücken stehend
6 Sätze Brust
Bsp: Bankdrücken, Schrägbankdrücken
4 Sätze Bauch
Bsp: Crunches, Sit-ups
4 Sätze unterer Rücken
Bsp: Hyperextensions
Den kompletten und Ausdruckbaren Trainingsplan kannst du hier erhalten, wenn du dich für unseren Newsletter anmeldest.
Drücken, Ziehen und Beine Trainingsplan (Push, Pull & Legs)
Bei dieser Variante besteht ein kompletter Trainingsablauf aus 3 Krafteinheiten an unterschiedlichen Tagen (Ein Dücken-Tag, ein Zieh-Tag, ein Bein-Tag). Der gesamte Plan kann dabei 1 Mal in der Woche oder aber auch 2 Mal in der Woche mit insgesamt 6 Trainingstagen innerhalb von 7 Tagen ausgeführt werden.
Die Trainingstage könnten wie folgt aussehen:
Trainingstag 1 – Drücken
7 Sätze Schultern
13 Sätze Brust
3 Sätze Triceps
4 Sätze Bauch & unterer Rücken
Trainingstag 2 – Beine
20 Sätze Beine
3 Sätze Bauch & unterer Rücken
Trainingstag 3 – Ziehen
16 Sätze Rücken
4 Sätze Kreuzheben
3 Sätze Biceps
3 Sätze Bauch & unterer Rücken
Eine alternative 3er Split Variante im Aufbau eines individuellen Splits könnte so aussehen:
Beispiel Trainingsplanung grob individueller Split 3-6 Mal die Woche – Fortgeschritten mit Ziel Muskelaufbau
Tag 1
Brust, Arme, Bauch & unterer Rücken
Tag 2
Beine, Bauch & unterer Rücken
Tag 3
Schulter, Rücken, Bauch & unterer Rücken
Diese Variante hat den Vorteil das vor allem Schulter und Brusttraining getrennt ist. Dies vermindert die Belastung auf das Schultergelenk, da mehr Zeit zur Erholung zwischen den Einheiten besteht.
Den kompletten und ausdruckbaren Drücken, Ziehen & Beine Trainingsplan kannst du hier erhalten, wenn du dich für unseren Newsletter anmeldest.
4er Split Trainingsplan
In dieser Variante werden die großen Muskelgruppen immer 2 Mal in der Woche trainiert. Diese Variante bevorzuge ich persönlich. Der Grund dafür ist, dass sich hiermit sehr gute Ergebnisse erzielen lassen und das mit relativ geringem Zeitaufwand. Durch das zweimalige Training der großen Muskelgruppen ist sichergestellt, dass ausreichend Reize gesetzt werden. Die Gesamtsatzzahl ist zwar etwas geringer pro Training, aufgrund der Trainingshäufigkeit jedoch im richtigen Bereich auf die Woche gesehen. Es macht Sinn zusätzlich noch 2 Cardio Trainingstage einzuplanen.
Von der Einplanung gesehen könnte man den Plan Beispielsweise wie folgt ausführen:
- Mo: Beine / Brust
- Die: Rücken / Bauch
- Mi: Pause / lockeres Ausdauertraining
- Do: Beine / Schulter
- Fr: Rücken / Brust
- Sa: Pause / lockeres Ausdauertraining
- So: Trainings freier Tag
Der Plan setzt sich folgendermaßen zusammen:
Trainingstag 1:
11 Sätze Beine
10 Sätze Brust
3 Sätze unterer Rücken
Trainingstag 2:
16 Sätze Rücken
6 Sätze Bauch
Trainingstag 3:
10 Sätze Beine
10 Sätze Schulter
3 Sätze unterer Rücken
Trainingstag 4:
10 Sätze Rücken
10 Sätze Brust
6 Sätze Bauch
Den kompletten und ausdruckbaren 4er Split Trainingsplan kannst du hier erhalten, wenn du dich für unseren Newsletter anmeldest.
Einplanung von Kardio oder weiteren Sportarten
Ausdauertraining oder Freizeitsportarten wie Fußball etc.. sollten bei der Trainingsplangestaltung berücksichtigt werden. Idealerweise findet am Tag des Krafttrainings kein Ausdauertraining statt. Falls es sich nicht vermeiden lässt, dann am besten mit einem zeitlichen Versatz. Also mehreren Stunden zwischen Kraft und Ausdauertraining. Ist es notwendig das Training zusammenzulegen, dann sollte stets Krafttraining vor Ausdauertraining erfolgen. Der Grund dafür ist, das nach einem Ausdauertraining die Kraftreserven schon zu einem Großteil verbraucht sind und aufgrund dieser Erschöpfung nicht ausreichend Reize beim Krafttraining gesetzt werden können.
Zusammenfassung: Allgemeine Hinweise und Tipps zur Trainingsplangestaltung
- Fange mit der größten Muskelgruppe an bzw. der Übung die die meisten Muskeln beansprucht
- Grundübungen vor Isolationsübungen
- Schulter und Brust Training möglichst zeitlich auseinander ziehen, da sonst die Belastung für das Schultergelenk sehr hoch ist
- Ausreichend Zeit bis zum nächsten Training derselben Muskelgruppe
- möglichst eine Muskelgruppe 2 x pro Woche trainieren
- Bei Supersätzen achte darauf das du Übungen ausführst die möglichst nicht den gleichen Muskel belasten.
Literatur und Quellen:
Dr. Axel Gottlob (2013): Differenziertes Krafttraining: mit Schwerpunkt Wirbelsäule
Starting Strength: Einführung ins Langhanteltraining – Mark Rippetoe
Weineck Jürgen (2004). Optimales Training. Spitta Verlag GmbH & Co
Krafttraining – Die 100 Prinzipien: Handbuch für Trainer, Betreuer und Athleten